Die Hexekuchi
Was wäre eine Zunft ohne die zu ihr passende Unterkunft! Denn um eine Fasent abwechslungsreich durchzuführen, sind umfangreiche Vorbereitungen und für diese wiederum ausreichende Räumlichkeiten notwendig.
Aber nicht irgendwelche! Hexen sind schließlich echte Kellerkinder, haben sie doch Vorlieben für alte Verliese, Grotten, Höhlen und Erdspalten, tiefe Gewölbe und Brutstätten für Spukgestalten. In ihrem Dämmerlicht blüht die Phantasie und gedeiht der Schabernack. Dort wird ausgeheckt, was die Hexen dann treiben; dort wird geplant, was das Narrenvolk erfreut, wird das Hexenkind gezeugt und das Hexengemüse großgezogen. Alle Hexenkeller der Vergangeheit hatten diese urige Atmosphäre und auch die heutige Hexekuchi unter dem Salzhaus ist dafür bekannt und beliebt.
Die 1. Hexekuchi (Schuttergasse)
Die erste Hexenkuchi entstand bereits im Gründungsjahr der Zunft in der Schuttergasse, und zwar im Anwesen von “Tante Lina” alias Frau Pfitzmayer, der damaligen “Drei-König”-Wirtin und Tante von Gründungsmitglied Karl Wacker. In den Anfangsjahren legten die Hexen sehr großen Wert auf die absolute Anonymität ihrer Personen und, ihrer Räumlichkeiten. So schreibt ein Journalist im Offenburger Tageblatt vom 19.02.1936 über einen Besuch in der Hexenkuchi: “… stand ich in der Lange Straße … Plötzlich – ohne dass ich jemanden kommen hörte – wurde ich von hinten angesprochen. Bereitwilligst ließ ich mir die Augen verbinden … So wurde ich durch die Gassen geführt, wir gingen durch ein Hoftor, das zunächst von meinem Begleiter aufgeschlossen wurde. Wir müssen durch einen Hof gegangen sein, aber nur eine ganz kurze Strecke, eine Tür wurde aufgerissen, dann plötzlich hat mich das Hexengeschrei vollständig umgeben, mein Begleiter sagte mir: “Achtung, eine Stufe!” – mechanisch hob ich meinen Fuß, ging vorsichtig in den Raum, die Tür fiel polternd ins Schloss, die Binde wurde mir abgenommen. Als sich meine Augen an den dämmrigen Lichtschein gewöhnt hatten, sah ich das gruslige, aber malerische Bild … In der Mitte des kleinen Raumes stand der Hexenkessel, unter dem ein Feuer entfacht war. Süße Dämpfe erfüllten den Raum, ich konnte genau die Hexengestalten erkennen, wie sie um das Feuer tanzten und auf ihren Besen ritten … Ich besah mir den Raum etwas näher … Feldermäuse, Fische, Eulen und Mäuse, alles mögliche Getier war an den Wänden angebracht, ja selbst eine Schlangenhaut hing von der Decke herab!”
Die 2. Hexekuchi (Zunftgasse)
Diese erste Kuchi wurde im 2. Weltkrieg durch Bombentreffer zerstört. Doch schon zwei Jahre nach Kriegsende, genau am 17.05.1947, konnte die Zunft ihre zweite Heimstatt einweihen. Im Keller der früheren Brauerei Tritschler unter dem Lindenplatz, im Wacker’schen Haus, war sie eingerichtet worden, schöner, größer und heimeliger als die erste. 1979 musste aber auch diese Hexenkuchi aufgegeben werden, sie fiel leider der Stadtsanierung zum Opfer.
Die 3. Hexekuchi (Spitalstraße)
Doch ein neuer Keller war bald entdeckt. Dem Spürsinn, der Energie und der Tatkraft des damaligen Zunft- und Hexenmeisters Walter Pfeiffer, sowie städtischem Entgegenkommen war es zu verdanken, dass in den Kellergewölben des Offenburger Salzhauses bereits im Februar 1980 die dritte Hexenkuchi eingeweiht werden konnte. In bewundernswerter Eigenarbeit von insgesamt 7500 Stunden war sie im städtischen Untergrund entstanden, wobei die künstlerischen Dekorationen des Ehepaares Vollmer, von Heiner Doll und Fritz Dold sowie die Kunstschlosserarbeiten von Louis Burg zumindest teilweise aus dem alten Keller übernommen werden konnten. Bei diesen Arbeiten waren die Gründungsmitglieder der Zunft Heiner Doll und Willy Gehring trotz ihres betagten Alters noch aktiv dabei, um ihren Ideenreichtum in die neuen Räumlichkeiten einzubringen und diesen eine urige Atmosphäre zu verleihen. Mit dem Hexenkeller im Stadtzentrum sind alle Voraussetzungen für ein geordnetes Zunftleben erfüllt. Hinzu kommt, dass die gepachteten Räume sich unter dem denkmalgeschützten Salzhaus der Stadt befinden und somit ihre dauerhafte Erhaltung gewährleistet ist. Hier können sich der Teufel, die Hexen, Alt-Offenburgerinnen, Hansele, Büttel und Gäste wohl fühlen.